Alles Rassisten! Oder wie die Geschwister-Scholl-Gesamtschule Moers Politik macht

Düsseldorf, 25.06.2015. Was haben u.a. die NPD, Angela Merkel, Horst Seehofer, Dirk Niebel und die AfD gemeinsam? Sie sind alle Rassisten. Und nicht nur das: Sie stehen in geistiger Nähe zum eugenisch begründeten Massenmord der Nationalsozialisten. Ungeheuerlich? Für die Geschwister-Scholl-Gesamtschule völlig logisch. Denn alle aufgeführten Personen und Parteien wandten sich gegen eine Ausweitung des Sozialrechts – oder wie es unsere Kanzlerin zusammenfasste: „Die EU ist keine Sozialunion“[1]. Äußerungen dieser Art gehören laut einem Unterrichtsblatt der Geschwister-Scholl-Gesamtschule vom 16.06. in eine Reihe neben ein Plakat des „Reichsnährstands“, das die angebliche Belastung des deutschen Volkes mit „Erbkranken“ illustriert.

Um das zu verdeutlichen, zeigt das Unterrichtsblatt – nein, nicht Merkel oder Seehofer, sondern ein Wahlplakat der AfD mit dem Slogan „Wir sind nicht das Weltsozialamt“. Und verbindet dieses mit Doppelpfeil mit dem NS-Motiv, das die Ermordung so genannter „Erbkranker“ vorbereiten sollte. Damit die lernbegierige Jugend dessen ganzen Sinn versteht, ist die Internet-Quelle angegeben, die auf die Ausstellung „Tödliche Medizin – Rassenwahn im Nationalsozialismus“ des Deutschen Hygienemuseums Dresden verweist[2].

Nun kann es gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingskatastrophen sinnvoll sein, sich im Unterricht mit den politischen und ethischen Dimensionen des deutschen und europäischen Sozialrechts zu befassen, das zwar das Recht auf Freizügigkeit, aber nicht das auf Sozialhilfe im Einwanderungsland kennt. Grob irreführend ist dagegen die Parallelisierung dieser gesetzlichen Beschränkungen und legitimer politischer Positionen mit dem Rassenwahn der Nationalsozialisten. Es sei denn, man operiert mit einem bis zur Unsinnigkeit ausgeweitetem Rassismusbegriff, der eigentlich nur „Abgrenzung von anderen“ meint. Und macht damit alle Politiker und Parteien zu „Rassisten“, die auf einer rechtlichen Abgrenzung der Bürger des eigenen Staates von denen anderer Staaten bestehen. Genau das scheint die Position des Schulleiters der Geschwister-Scholl-Gesamtschule in seinem Schreiben an Uwe Krins, Sprecher des AfD-Kreisverbands Wesel, zu sein. An die Stelle eines „früheren Rassismus, der sich gegen fremde Rassen richtete“, sei heute ein „Kulturrassismus gegenüber anderen Kulturen und Religionen“ getreten. Dass ein Schulleiter allen Ernstes von „Kulturrassen“ und „Religionsrassen“ ausgeht, lässt für seine Schüler nichts Gutes ahnen. Noch wesentlich bedenklicher ist, dass er offenbar § 57 Absatz 4 des Schulgesetzes von Nordrhein-Westfalen nicht kennt, das Lehrkräfte ausdrücklich zur politischen Neutralität verpflichtet.

Und genau darum ging es Uwe Krins, als er sich am 18.06. wegen besagten Unterrichtsblattes bei der Geschwister-Scholl-Gesamtschule über die Parallelisierung eines AfD-Plakats mit dem rassistischen NS-Motiv beschwerte. Den dafür verantwortlichen Lehrkörpern geht es allerdings um das Gleiche: Sie wollen weiterhin ihre Schüler politisch beeinflussen, und sei es mit historisch, sachlich und logisch mehr als fragwürdigen Argumenten. Und das sollte selbst den Gegnern der AfD zu denken geben.

[1]    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeskanzlerin-angela-merkel-cdu-eu-ist-keine-sozialunion-a-970956.html

[2]    http://www.sueddeutsche.de/wissen/bildstrecke-dhmd-toedliche-medizin-1.626559-7