Rede von Hartmut Preuß im Stadtrat am 26.11.2015

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

Dieses Jahr hat Gelsenkirchen und seinen Bürgern nicht unbedingt reine Freude bereitet. Das kriminelle Verhalten einiger Stadtbediensteter- Wissmann und Co.- haben dem Image der Stadt Gelsenkirchen schweren Schaden zugefügt, bundesweit.

Die Bürger unserer Stadt fühlen sich nicht mehr sicher, die Finanzen sind zerrüttet, die Zuwanderung und das Flüchtlingsproblem stellen die Stadt vor riesige Probleme und Herausforderungen, sowohl in finanzieller Hinsicht, als auch, was die Integration der Menschen , die zu uns kommen, betrifft.

Herr Wissmann und Komplicen konnten sich über 10 Jahre unbemerkt auf Kosten Jugendlicher bereichern. Und dann wurde Herr Wissmann noch mit einem goldenen Handschlag verabschiedet. Die Behandlung dieser Affäre ist kein Ruhmesblatt für die Spitzen unserer Stadt.

Die Bürger unserer Stadt fühlen sich nicht mehr sicher. Überfälle auf Seniorinnen und Senioren am hellichten Tage, Überfälle von Jugendbanden auf Grundschulkinder, steigende Einbrüche, steigende Ladendiebstähle, immer mehr Straßenkriminalität. Wirte, die der AfD ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellen und denen man deshalb damit droht, ihre Autos anzuzünden, in ihre Räumlichkeiten einzudringen und sie zu verwüsten – ihre Existenz zu vernichten-und das Perfideste, man droht ihnen, ihren Kindern etwas anzutun. Hier sind Genzen überschritten.

Das darf es in Gelsenkirchen nicht geben.

Die Polizei allein wird all diese Probleme mit Ihrem völlig unzureichenden Personal allein nicht lösen können. Hier müssen von der Stadt mehr, viel mehr Anstrengungen unternommen werden, um- mit der Polizei zusammen- Gelsenkirchen wieder sicherer zu machen.

Die Finanzen und der Haushalt unserer Stadt.

Liest man den Vorbericht zum Haushaltsentwurf der Stadt für 2016, so stellt man fest: Die Finanzlage der Stadt ist- allerdings wenig überraschend- schlimm. Kassen- und Liquiditätskredite müssen ständig erhöht werden. Und die Zeitbombe „steigende Zinsen“ tickt. Durch die hohe Arbeitslosigkeit- mit die Höchste in Deutschland – und ,weiter steigend, durch immer mehr Zuzug nach Gelsenkirchen, haben wir auch

  • eine dauerhafte und weiter steigende finanzielleBelastung durch das SGBII.
  • eine dauerhafte und steigende Belastung im Erziehungs- und Jugenhilfebereich-auch eine Folge der verkrusteten Arbeitslosigkeit in unserer Stadt.

Einnahmen und Ausgaben sind schon längst aus der Balance und die Schere geht immer weiter auseinander. Der Grund für diese Misere liegt schon Jahrzehnte zurück. Man hat den Strukturwandel verschlafen und dann auch nur halbherzig und zögernd darauf reagiert. Die Strukturschwäche wird sich, macht man so weiter, wohl auch weiter Bestand haben. Für 2015 wird im Haushalt mit einem Fehlbedarf von 69 Mio.Euro gerechnet. Allerdings gibt es noch hohe Unsicherheitsfaktoren:

  • Eventuelle Wertberichtigungen aus der unseligen Finanzspekulation mit Schweizer Franken.
  • zusätzliche Kosten für Zuwanderer, Asylbewerber und Flüchtlinge; noch in 2015 , aber auch für 2016.

Die Finanzlücken werden größer werden, als geplant. Auch im Haushalt für 2016 werden sich die Zahlen nicht halten lassen. Denn hier sind die Unsicherheitsfaktoren noch viel höher als für 2015. Denken wir nur an die Familienzusammenführungen bei den Flüchtlingen. Gehen wir von geschätzten- und nicht unrealistischen- Zahlen bei Flüchtlingen von 4000 bis Ende des Jahres aus. Nehmen wir bei der Familienzusammenführung nur einen Faktor von 4 an, so werden wir allein hierdurch demnächst 16000 zusätzliche Flüchtlinge in Gelsenkirchen haben. Wohlgemerkt- nur durch die Familienzusammenführung.Diese Kosten sind noch gar nicht berücksichtigt. Und der „normale“Zuzug von Zuwanderern und Flüchtlingen bleibt ja weiterhin bestehen.

Noch ein Wort zu den Flüchtlingen und zur Integration.

Wir stoßen schon jetzt allein bei der Aufnahme an unsere Grenzen. Es wird „eng“, wie Herr Dr. Beck sagte. Auch bei allen Anstrengungen der ehrenamtlichen Helfer wird dies in Zukunft nicht mehr zu schaffen sein. Auch Herr Hansen wird an seine Grenzen kommen. Realistische Pläne, wie man die Aufnahmekapazitäten erhöhen kann, sehe ich nicht. Werfen wir noch einen Blick auf die zu leistende Integration der Zuwanderer und Flüchtlinge. Eine unbedingte Notwendigkeit ist neben dem Erlernen der deutschen Sprache die Integration in Arbeit. Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit führen schnell -gerade bei jungen Männern- zu Kriminalität und Radikalisierung. Man denke nur an Frankreich

Von konkreten Maßnahmen zur Bereitstellung von zusätzlichen Arbeitsplätzen, um die Integration zu gewährleisten, hört man aber nichts. Wie auch, gelingt es doch jetzt schon nicht, unsere Arbeitslosen in Arbeit zu bringen. Machen wir weiter wie bisher, werden wir die berufliche Integration nicht schaffen und damit werden uns die genannten Probleme erreichen. Und nichts deutet darauf hin, daß in Gelsenkirchen umgesteuert wird. Im Gegenteil. Denke ich nur an die von der SPD und den Grünen herbeigeführte Schließung der Schule in der Augustastraße, weil es angeblich demnächst zu wenig Schüler gibt, so kann man nur den Kopf schütteln. Jetzt sucht man dringend Lehrer, um die vielen neuen Schüler unterrichten zu können. Vorausschauende Planung sieht wahrlich anders aus.

Durch die anhaltende Wirtschaftsschwäche und weiteren Arbeitsplatzabbau – z.B. Gelco und demnächst Vaillant.- werden die nächsten Jahre noch schlechter werden, als bis jetzt angenommen. Der prognostizierteNegativ-Saldo im Entwurf des Haushaltsplans für 2016 wird sich deutlich-sehr deutlich- erhöhen. Es muß gespart werden. Haushaltssanierungsmaßnahmen müssen durchgeführt werden, um Konsolidierungshilfen zu bekommen. Aber alles Sparen wird nur marginale Erfolge bringen, da die beinflußbaren Faktoren gering sind.

Kann man die Einnahmenseite verbessern?

beinflußbare Faktoren sind:

  • Grundsteuer
  • sonstige Steuern und Abgaben :

kann man erhöhen, wird man auch tun.Da bin ich sicher. Dies darf aber nur maßvoll geschehen. Sonst suchen sich die jungen Menschen andere, attraktivere Städte und der Anteil am Einkommensteueraufkommen wird weiter sinken. Gewerbesteuer: wird man erhöhen, ist aber falsch. Einerseits eine Imagekampagne für Gelsenkirchen durchzuführen, gleichzeitig die Gewerbesteuern zu erhöhen, ist der falsche Weg. Auch die Einnahmeseite wird sich also nur marginal verbessern und die Finanzlücken nicht schließen. Über 40 Jahre verfehlte Struktur- und Wirschaftspolitik haben uns in dieses Dilemma gebracht.

Über 40 Jahre SPD haben uns in diese Misere geführt.

Die Sünden der Vergangenheit werden uns noch lange begleiten.

Ja, man hat 5 Maßnahmeblöcke zur Haushalts-konsolidierung vorgeschlagen. Da geht man u.a. doch schlankweg von einer wirtschaftlichen Erholung in Gelsenkirchen aus und antizipiert einen dauerhaften Zuwachs von Arbeitsplätzen in erheblichem Umfang. Und hat dies sogar in die mittelfristige Planung schon mit einbezogen, indem sie von sinkenden Transferleistungen ausgeht.Hier zeigt sich doch ein völlig von der Realität losgelöster Zweckoptimismus. Er ist durch nichts zu begründen.

Die SPD hat nichts dazu gelernt

Die Arbeitslosenquote wird steigen und die Zahl der Arbeitslosen zunehmen.

Die vorgesehenMaßnahmen werden den Haushalt nicht konsolidieren.

Aus eigener Kraft wird dies nicht gelingen.

Es müssen massive Hilfen von Land und Bund kommen. Diese Forderung ist natürlich weder neu noch besonders originell. Was aber können wir tun, um Land und Bund dazu zu bringen, höhere finanzielle Unterstützung zu leisten. Ein ganz wichtiger Schritt wäre, das Ruhrgebiet als einen Wirtschaftraum zu sehen. Das Kirchturmdenken im Ruhrgebiet muß aufhören. Das Ruhrgebiet muß als Einheit auftreten, um gegen andere Regionen in Deutschland ernsthaft konkurrieren zu können. Dazu gehören gemeinsame Investitionsplanungen und gemeinsame Maßnahmen, wie z.B. eine Harmonisierung der Gewerbesteuer im Wirtschaftsraum Ruhrgebiet. Gemeinsam investieren und gemeinsam am Erfolg partizipieren. Wenn das Ruhrgebiet ein überzeugendes Konzept zur Gesundung der Wirtschaft vorlegt, werden auch Land und Bund eher zur Unterstützung bereit sein.

Herr Oberbürgermeister, engagieren sich für solch einen Plan. Handeln Sie. Dann kann es auch in Gelsenkirchen wieder besser werden.